Digital vs. Analog
Als Fotograf habe ich meine Kameras fast täglich in der Hand. Doch wenn ich zurückblicke, dann war es zunächst nur ein Hobby – das Fotografieren aus Freude am Sehen, am Entdecken, am Festhalten von Momenten. Aus diesem Spiel mit Licht und Zeit wurde ein Teil meines Berufs. Klar - schon schön - aber das Hobby verschwand. Zumindest für mich. Nicht sofort, nicht von einem Tag auf den anderen. Doch je mehr ich beruflich fotografierte, desto seltener verspürte ich den Wunsch, die Kamera auch privat dabeizuhaben.
Das Handy war immer griffbereit, es übernahm diese Rolle – praktisch, funktional, ein technisches Notizbuch des Alltags. Aber es ist eben nicht dasselbe. Es fehlt das Ritual: eine Kamera in die Hand zu nehmen, Blende und Verschlusszeit zu wählen, durch den Sucher zu blicken, das Bild schon vor der Aufnahme zu erahnen. Mit dem Mobiltelefon geht all das ein Stück weit verloren.
Natürlich hätte ich mich zwingen können, auch privat meine Arbeits-Kamera mitzuschleppen. Oder ich hätte mir eine kleinere, leichtere Kamera gekauft, kompatibel mit meinen Objektiven, vielleicht sogar nützlich für den Beruf. Aber das wäre ja zu einfach.

Also habe ich tief in den Regalen gegraben und eine alte, analoge Leica M3 hervorgeholt. Sie lag da, wie vergessen, mit einem Film im Karton – seit Jahren abgelaufen. Doch wen kümmern schon solche Details? Nun trage ich diese Leica mit einem Summicron 50 mm f/2 fast täglich bei mir. Schon nach fünf Auslösungen war das Gefühl wieder da: Freude. Begeisterung. Das Staunen über die Einfachheit. Der erste Film ist noch nicht voll, und ich habe längst vergessen, was mein erstes Motiv war. Kein schnelles Ergebnis, keine direkte Kontrolle, kein sofortiges Teilen auf Instagram – und genau das ist der Zauber.
Ich merke, wie sich etwas verändert. In mir, im Blick, im Fotografieren selbst. Das einzelne Bild ist nicht mehr das Ziel. Es ist die Begleitung durch die Kamera, die Freude an der Suche nach einem Motiv, an der Stimmung, am Licht. Statt mit dem Handy achtlos auf den Auslöser zu tippen und erst danach zu prüfen, ob etwas Brauchbares entstanden ist, denke ich wieder nach: Was macht ein gutes Bild aus? Was lohnt sich, gesehen zu werden?
Analog entschleunigt. Und macht Spaß!